12. Dezember 2009: Dampflok gab Signal zum Aufstieg
12. Dezember 2009 - Ein Spiel für die Geschichtsbücher. Unvergessen der Moment als der Sonderzug mit Dampflok 65 1049-9 in der 55. Spielminute am Stadion vorbeifuhr. Dreimal zog der Lokomotivführer das Signalhorn: Gänsehaut pur, Aufbruchstimmung und Initialzündung für das Auer-Team! Der Zug kam damals von Chemnitz und fuhr über Aue nach Schwarzenberg. An das weithin hörbare Pfeifen am Erzgebirgsstadion erinnern sich bestimmt noch viele Aue-Fans, die damals dabei waren. Letztes Heimspiel des Jahres 2009 in der 3. Liga gegen Kickers Offenbach. Zur Pause, als die Veilchen fast schon hoffnungslos mit 0-2 gegen den Tabellenzweiten Offenbach zurücklagen, gaben nur noch wenige Fans der Lila-Weißen den berühmten Pfifferling auf einen Sieg. Einmal mehr wurden auch diese von der Unberechenbarkeit dieser Sportart überrascht. „Nach dem 0-2 war der Faden weg und wir haben uns nicht mehr so recht getraut. In der Kabine musste ich nicht soviel sagen, denn auch die Spieler waren unzufrieden mit sich. Ich habe ihnen versucht Mut zu zusprechen“, schilderte FCE-Coach Rico Schmitt die Momente zur Pause, als viele nicht mehr an eine Wende glaubten.
Trainer Schmitt wechselte nach der Pause Klotz für Ramaj ein, der auf seiner gewohnten rechten Außenbahn ein rabenschwarzen Tag erwischte. Und dem kleinen Klotz gehörte sofort die erste Szene, die viele nicht sahen, weil sie noch nicht auf ihre Plätze im Stadion waren. Eckball für Offenbach, den Paulus mit einem weitem Befreiungsschlag Richtung Mittellinie klärt. Klotz überrascht die weit aufgerückten Gäste, lässt Teixera noch in der eigenen Hälfte stehen und überlupft den Kickers Kapitän Hysky ganz frech. Danach hat er rund 50 Meter freie Bahn Richtung OFC-Keeper Wulnikowski und schlenzt den Ball mit dem Außenrist an ihm vorbei zum 1-2, als wäre es die einfachste Sache der Welt. 48 Minuten waren da gespielt und plötzlich war im Auer Stadion nichts mehr wie es vorher war. Die Kulisse, im leicht überzuckerten Auer Stadion, war mit einem Schlag wieder da. Besonders der Moment, als ein Traditionszug mit Dampflok das Stadion kurz darauf passierte, genau wie früher und der Lokführer auch noch 3x langgezogen sein Signalhorn zieht, war für die Auer Spieler vielleicht der Knackpunkt. „Wir haben uns in der Kabine geschworen: Wir lassen uns nicht abschlachten und reißen das Publikum mit. Als dann noch die Dampflok oberhalb des Stadions entlang fuhr und dreimal Signal gab, hatte ich nur noch Gänsehaut. Da ging plötzlich ein Ruck durch die Mannschaft“, erzählte Sebastian Glasner die Szene noch mal nach. Vielen Zuschauern wird es ähnlich ergangen sein. Obwohl der OFC noch dagegenhält, reihen sich nun Chance an Chance wie an einer Perlenkette für die Veilchen. Das Match wurde richtig spannend. Glasner (62.) holt nach einem Solo einen Eckball heraus. Curri auf Braham (63.) im Strafraum, aber zwei Gegenspieler sind dann doch einer zuviel. Und wieder Braham (64.) aus der Drehung – Aue spielte sehr aggressiv nach vorne. Nach 66 Minuten werden sie für ihre Spielweise mit dem längst fälligen Ausgleich belohnt. Nach Einwurf le Beau auf Klotz und der wieder zurück zu le Beau, kommt dessen Flanke mit Umweg Pfingsten-Redding zu Braham. Der Tunesier fackelt nicht lange und jagt den Ball von der rechten Strafraumkante per Aufsetzer ins lange Ecke von Wulnikowski. Das Stadion steht Kopf. Weil Offenbach aber immer noch an den Ketten zerrte wird es jetzt dramatisch. Pospischil Rückpass auf Ulm (67.) und Männel ist hellwach. Doch Aues Offensivspiel wird immer druckvoller. Beim Solo von Klotz (68.) in den OFC-Strafraum springen die Zuschauer von ihren Sitzen, Wulnikowski bekommt noch seine Fingerspitzen an den Ball und lenkt ihn zur Ecke. Die 70. Minute hat es in sich. Erst liegt Braham im Strafraum der Kickers Elfmeterreif am Boden, im Gegenzug jagt Zinnow ein Zuspiel von Albayrak ans Außennetz und wiederum im Gegenzug gibt Schiedsrichter Petersen dann Elfmeter für Aue. Nach Zuspiel von Curri holt Kopilas Braham von den Beinen. Der Tunesier bekannt für seine Nervenstärke jagt den Strafstoß (71.) vehement an die Unterkante der Querlatte. Doch viel nachzudenken über die vergebene Chance gibt es nicht, die Zuschauer rufen eh nur: weiter, weiter. Braham will es wissen. Wieder von Curri angespielt, schießt er unter Bedrängnis am Kickers Tor vorbei (74.). Doch 2 Minuten später war die 3-2 Führung förmlich erzwungen. Sie lag einfach in der Luft. Curri, der immer stärker wurde, flankt auf den langen Pfosten und dort köpft Braham, hinter Hysky stehend, ein. Was für ein Spiel, unglaublich. Die Kickers leben aber immer noch. Freistoß für die Gäste aus ca. 20 Meter. Der Schlenzer von Ulm (79.) hätte gepasst zum 3-3, aber Männel kommt angeflogen und kann den Ball mit letzten Einsatz abwehren. Kos klärt dann endgültig. Aber die Veilchen waren immer noch nicht satt. Sie rannten als ginge es um ihr Leben. Curri (83.) probierts auch mal aus der Distanz – Wulnikowski lässt prallen. Klotz (83.) schnippelt am OFC Torwart vorbei aber auch am Tor. Die endgültige Entscheidung bleibt Glasner vorbehalten. Nach Ecke Curri und Kopfballablage Hensel, bugsiert er fast auf den Knien den Ball per Kopf ins OFC Tor zum 4-2 (84.). Danach probierte es auch noch Braham (88.) per Kopf nach Klotz Zuspiel. Erst der Schlusspfiff erlöst Offenbach vom 45 minütigen Trauma in Aue. Auch im 5. Spiel im Erzgebirgsstadion verlieren die Hessen gegen die Veilchen. Rico Schmitt: „Ich denke was das neutrale und auch das Fachpublikum heute gesehen hat, war auf sehr hohen Niveau. Was die Mannschaft abgerufen hat in der 2. Halbzeit war sensationell. Mit dem frühen 1-2 brachen alle Dämme danach. Ein Riesenabschluss zum letzten Spiel zu Hause. Die Fans können auf ihre Mannschaft stolz sein.“
Tex & Foto: Burg