Ausdruck des stärkeren Kollektivs: SC Wismut – SpVgg. Fürth 5:1 (2:0) (04.06.1960)
Eine Bemerkung hörte man nach diesem Spiel immer wieder: Unser Fußball ist also gar nicht so schlecht, wie er oft gemacht wird. Nun, im Rahmen dieses Berichts läßt sich diese Frage nicht restlos klären. Nur so viel sei dazu gesagt: Es mag sein, daß wir mitunter unserem Fußball zu kritisch gegenüberstehen, daß wir das Negative zu sehr betonen, das Positive allzu selbstverständlich hinnehmen. Zu erklären ist das vielleicht durch die zahlreichen Enttäuschungen, die wir erlebt haben, dadurch, daß einer guten Leistung wenig später eine unsagbar schwache folgte, daß vieles, was an Gutem festgestellt wurde, kurz danach wieder abgestrichen werden mußte. Das ist die eine Seite.
Zur anderen: Ein Spiel kann keineswegs ein absolutes Urteil über unseren Fußball zulassen. So auch hier. Das 5:1 unseres Meisters über Fürth ist großartig, hat Gewicht und zählt. Wismut darf stolz darauf sein, zumal es mit spielerisch überlegenen Mitteln errungen wurde, die Gäste zeitweise gejagt und gehetzt wurden, daß sie völlig hilflos wirkten. Es darf aber keineswegs überschätzt werden, da die Gegenwirkung nicht so stark war, da beispielsweise in jedem Meisterschaftsspiel besser gedeckt wird. Das mußte gesagt werden, um das 5:1 richtig einzuschätzen. Nun aber genug des Grundsätzlichen, geben wir jetzt lieber die bunte Palette der 90 Minuten wieder, freuen wir uns an der wirklich ausgezeichneten Leistung der Wismut-Elf.
Doch wo beginnen mit dem Lob für unsere Spieler? Was war das Beeindruckendste? Waren es die fünf herrlichen Treffer, sauber in Vorbereitung und Abschluß? Sicher zählen sie dazu. Mal wurden sie mit harten Schüssen (Viertels 1:0 in der 1. Minute mit der Außenseite raffiniert angeschnitten), mal mit wuchtigen Einsatz (Mohrs Kopfball nach Wagners Ecke), mal listig-überlegt erzielt, wofür die restlichen drei Tore zeugten: Einmal legte Siegfried Wolf Viertel mit dem Kopf so klug und uneigennützig vor, zum anderen war der Halblinke selbst zweimal so raffiniert erfolgreich (beim 4:1 schob der Siegfried nach Zinks Kopfball seelenruhig ein, und beim 5:1 lupfte er das Leder nach präzisem Kaiser-Paß über Geißler ins Netz), daß man seine helle Freude haben konnte. Doch das war es nicht allein, was diese Wismut-Elf so auszeichnete.
Waren es die stärkeren, ausgeprägteren Persönlichkeiten? Freilich, sie trugen viel zum klaren Erfolg bei. Da ist zunächst der Manfred Kaiser zu nennen, der reifer, abgeklärter noch geworden ist und dessen Läuferspiel ohne Fehl und Tadel war. Da ist weiter das Innentrio, das so variabel wirkte, sich immer wieder dem gegnerischen Zugriff entzog. Und doch beeindruckte noch mehr die mannschaftliche Geschlossenheit der Hofmann-Schützlinge! Einer trat für den anderen ein, schloß die Lücke, half seinem Kameraden. Als Beispiel soll hier nur Albrecht Müller angeführt werden, der so unauffällig arbeitete, daß es auffiel! Er schuf durch sein sauberes Spiel die Voraussetzung dafür, daß sich Kaiser zumeist in den Angriff einschalten konnte, bildete hier die fast vollendete Ergänzung zu seinem Läufer-Freund. So ist ein Gesamtlob von Neupert bis Mohr voll und ganz gerechtfertigt.
Gegen diese Elf konnten die Gäste nur anständig untergehen. Wie sie das taten, stellte ihnen ein gutes Zeugnis aus. Aber ihr Spiel wirkte zu hausbacken, atmete nicht genug Ideen und Witz. Dazu übertrieb man das Kurzpaßspiel in einer Art und Weise, die von Anfang an zur Erfolglosigkeit verdammt war. Daß jeder Spieler ein ausgezeichneter Techniker war, kam dadurch kaum zur Wirkung. Was nutzte da des schlaksigen Emmerlings kluges Stopperspiel, was die große Laufarbeit des fleißigen Schmidt, das Ausbrechen des talentierten Heidner, wenn nicht steil die Lücken gesucht wurden? Gewiß wurde Neupert ab und an auf die Probe gestellt, die er dann glänzend bestand. Alles in allem jedoch war das zuwenig, nicht zielstrebig genug. SC Wismut (rot-weiß): Neupert; Neff, B. Müller, Wagner; A. Müller, Kaiser; Zink, Viertel, Tröger, S. Wolf, Mohr Trainer: Hofmann Fürth (weiß-schwarz): Geißler; Bauer, Gottinger; Ehrlinger, Emmerling, Gettinger; Pohl (ab 46. Landleiter), Schneider, Heidner, Schmidt, Schreiner Trainer: Schade Schiedsrichterkollektiv: Köhler (Leipzig), Meißner, Männig Zuschauer: 8000 (Otto-Grotewohl-Stadion, Aue) Torfolge: 1:0 Viertel (1.), 2:0 Mohr (45.), 3:0 Viertel (55.), 3:1 Heidner (60.), 4:1 Wolf (73.), 5:1 Wolf (83.)