Europacup der Landesmeister: Young Boys Bern gegen SC Wismut Karl-Marx-Stadt 2:1 (2:0)
01.04.1959 SC Wismut verlor in Amsterdam 1:2Als Seifert und M. Kaiser die Plätze tauschten, winkte ein Weiterkommen, Steilspiel und großartiger Alleman verwirrten Wismut-DeckungSC Wismut Karl-Marx-Stadt – Young Boys Bern 1:2 (0:2) Der Eintritt ins Halbfinale des Europa-Cups blieb Wismut zwar zuletzt in Amsterdam versagt; er wurde aber eher, vielleicht schon in den letzten Minuten von Bern, zumindest aber beim 0:0 in Aue vergeben! In Bern war das Überraschungsmoment auf unserer Seite; es wurde (bis zur 87. Minute) genutzt. In Aue war der Gegner gewarnt; hatte mit seinem Mauern (bedingt durch Wismuts Schwäche) Erfolg. In Amsterdam stand uns ein Gegner gegenüber, der aus beiden Spielen alle Lehren gezogen hatte, wußte wozu Wismut fähig sein kann, bei taktischer Klugheit mit aller Energie zu Werke ging. Nun kann man dem entgegenhalten, daß auch Wismut den Gegner genau kannte, ebenfalls eine genaue Einstellung finden mußte. Das stimmt, und es stimmt wieder nicht. Die Einstellung von Wismut in Amsterdam war, wie der Verlauf des Spiels bewies, nicht die richtige. (Was allerdings kein Vorwurf gegen Trainer oder Spieler sein soll.) Damit sollen nur Lehren für weitere Aufgaben gezogen werden. Achtung, Respekt vor einem Gegner zu haben, ist gut. Zuviel davon aber kehrt die Sache ins Gegenteil. Und Wismut hatte offensichtlich zu viel Respekt. Das begann damit, daß Läufer Seifert Halbstürmer spielte, um Meier zu bewachen. Das setzte sich fort, indem sich die Läufer betont zurückhaltend staffelten, und endete schließlich damit, daß der Angriff nur Stückwerk blieb, bleiben mußte, da ja die Young Boys nicht irgendeine, sondern eine ausgezeichnete Abwehr besitzen. So wurde also dem Gegner die Initiative überlassen. Das nutzte er weidlich. Wirbelwind Alleman, ein Flügelsprinter erster Klasse, wurde dem langsamen wirkenden Karl Wolf gegenübergestellt. Der Karl spielte brav, brauchte aber 45 Minuten, um sich auf Allman einzustellen, mußte ihn bis dahin oft ziehen lassen. Hier wurde die erste Bresche geschlagen. Die zweite wurde durch das dauernde steile Durchspiel über die Flügel gerissen. Darauf wurde lange nicht die richtige Antwort gefunden. Und all das führte zu einer Nervosität, zu einer Unsicherheit, die auch prompt durch Tore, denen krasse Fehler vorausgingen betraft wurde. Einen Vorwurf kann man Wismut keinesfalls ersparen: Nach dem 0:1, nach dem 0:2 erst recht hätte man mit aller Kraft in die Offensive gehen, die Initiative ergreifen und das Spiel diktieren müssen. Das geschah aber erst nach dem Wechsel. Doch da war es zu spät. Dabei ist zu berücksichtigen, daß vor allem Alleman, Rey und Meier eine ausgezeichnete Verfassung aufwiesen. Diese drei Mann bestimmten eine Halbzeit erfolgreich das Geschehen, spielten raumgreifend und auch taktisch gerissen, sie sorgten für das entscheidende Übergewicht. Die große Wende kam nach der Pause. Elf Spieler bäumten sich gegen die drohende Niederlage auf. Aber nicht etwa als letztes Aufflackern, sondern im Stil eines absoluten Könners. War es allein der Tausch M. Kaiser – Seifert, der das bewerkstelligte? Diese Frage vermag man nicht mit Sicherheit zu beantworten. Auf alle Fälle trug dieser Schachzug wesentlich dazu bei. Der blonde Manfred füllte die Lücke im Mittelfeld souverän aus, herrschte da im Verein mit S. Wolf, selbst mit Wagner und später sogar mit Müller. Und der Jürgen kam als Zerstörer heraus, viel besser als vorher, als er nicht vermochte, Meier an die Kette zu legen. Diese Wismut-Elf mit Herz und Wucht von Anfang an – die Boys hätte sich kaum wiedergefunden. Die Berner – abgesehen von einigen auch gefährlichen Durchbrüchen – hatten keine andere Möglichkeit, sich mit 7, 8, 9 Mann an der Strafraumgrenze einzuigeln, eine lebende Mauer gegen die anbrandende Sturmflut zu bilden. Diese Mauer war zwar porös, sie hielt dennoch dicht. Einmal wurde (bei aller Überlegenheit) nicht immer direkt gespielt, die Kaisers allein taten es einige Male vorbildlich. Hinzu kam, daß weder Sepp Killermann noch Willy Tröger ihre beste Form besaßen. So wurde zwar überlegen gespielt, auch herzhaft geschossen – vieles hielt Eich phantastisch, manches fing die lebende Mauer auf, einiges jedoch wurde auch neben oder über den Kasten gejagt -, die Entscheidung aber nicht mehr erzwungen. So verrann die Zeit ohne sichtbaren Torerfolg. Das machte Wismut nervös, stärkte das Selbstvertrauen des Gegners. Unsichtbar hing das Geschehen von Aue wie ein Damoklesschwert über der Wismut-Elf. Endlich dann der Elfer. Neue Hoffnung auf das Remis, neues Bangen, ob die Zeit ausreicht. Die Hoffnung zerbrach. SC Wismut (/): Thiele; K. Wolf, B. Müller, Wagner; S. Wolf, M. Kaiser (ab 46. Seifert); Killermann, Erler, Tröger, Seifert (ab 46. M. Kaiser), S. Kaiser Trainer: Hofmann Young Boys Bern (/): Eich; Bigler, Flückiger; Schnyder, Walker, Schneiter; Spicker, Wechselberger, Meier, Rey, Allemann Trainer: Sing Schiedsrichter: Horn (Holland) Zuschauer: 38 000 (Amsterdam) Torfolge: 1:0 Meier (21.), 2:0 Wechselberger (33.), 2:1 Tröger (75., Foulelfmeter)