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Interview mit Carsten Müller: „Habe großen Respekt, wie vorbildlich die Jungs mit der Situation umgehen”

Die Folgen der Corona-Pandemie bedeuten auch für die Fußballtalente unseres Vereins und ihre professionelle Ausbildung eine enorme Herausforderung. Wie die Porsche-Kumpelschmiede des Nachwuchsleistungszentrums des FC Erzgebirge Aue durch die Krise kommt und zum aktuellen Leistungsstand der Teams fragte Veilchenecho-Redakteur Olaf Seifert dessen Leiter Carsten Müller.

Seit bald zwei Jahren beeinflusst Corona weltweit jeden Lebensbereich. Besonders treffen die Maßnahmen gegen die Pandemie auch Sportvereine – extrem heftig im Kinder- und Jugendbereich. Wie ist die Situation beim Nachwuchs des Auer Kumpelvereins?
Seit Herbst wird das Leben wieder von verschärften Einschränkungen bestimmt. Als anerkanntes Nachwuchsleistungszentrum haben wir das große Glück, trainieren zu dürfen. Auch im Internat können Ausbildung und Betreuung gewährleistet werden.
Basis dafür ist ein strenges Hygienekonzept, das entsprechend dem aktuellen Geschehen und bei Verdachtsfällen unverzüglich angepasst wird. Punkt- und Pokalspiele, überhaupt jegliche Wettbewerbe sind jedoch abgesagt. Für junge Leute bleibt es schwer, mit der Situation klarzukommen. Ich habe großen Respekt, wie vorbildlich und verständnisvoll unsere Jungs damit umgehen. Und ich danke dem Team hinter den Teams für ihren Einsatz.

An wen denken Sie da?
An Trainer und Betreuer, die medizinische, physiotherapeutische, sportpsychologische und pädagogische Betreuung. An die Kollegen vom Fahrdienst und alle, die die Ganztagsversorgung im Internat gewährleisten. Ich denke an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für Sauberkeit und Hygiene bei uns sorgen, gerade in Pandemie-Zeiten ist ihre Arbeit extrem wichtig. Unterm Strich ist es der Gesamtverein, wo alle zur Stange halten, obwohl es aktuell keinen Live-Fußball gibt – vom Vorstand über Mitarbeiter und Ehrenamtliche, die gut 9000 Mitglieder und die treuen Sponsoren bis zu den Fans.

Welche alltäglichen Fragen sind zu klären, um Training und Hygienekonzept zu vereinbaren?
Zum Beispiel: Du brauchst mehr Umkleidemöglichkeiten und Konzepte, um im Internat – hier wohnen derzeit 46 Jungs – die Kontakte zu minimieren. Bekommen wir Informationen zu Verdachtsfällen, wird die entsprechende Mannschaft sofort aus dem Trainingsbetrieb genommen. Trainer und Betreuer nutzen die Zeit, die eigene Arbeit zu reflektieren und Dinge aufzuarbeiten. Dazu gehört die individuelle Förderung von Top-Talenten im Rahmen unserer übergreifenden Ausbildungsidee „Unzähmbar & aktiv”. Nicht zuletzt die Corona-Situation treibt uns an, die Möglichkeiten der Digitalisierung stärker zu nutzen. Neben dem Internat wurde kürzlich ein Beachvolleyballplatz fertig, wo künftig neben den Bewohnern zum Beispiel die Volleyballerinnen des FCE trainieren können.

Wie ist die sportliche Situation?
Wir bilden rund 150 Talente aus, sieben Mannschaften sind im Spielbetrieb. Hinzu kommen unsere Mini-Veilchen, also die beiden Teams der U8/U9 und U10, die sich bei Turnieren mit Kindern anderer Vereine messen. Doch wie gesagt, derzeit findet keinerlei Wettspielbetrieb statt.
Die U19 belegt nach bisher zehn Punktspielen, von denen sie neun gewann, in der Regionalliga Nordost Rang zwei, punktgleich mit Hertha Zehlendorf. Die Platzierung würde am Ende für die Aufstiegsrelegation zur Bundesliga berechtigen. Der von Jörg Emmerich trainierte Kader ist als Team gewachsen, die Mischung aus älterem und jüngerem Jahrgang passt und die Besten trainieren regelmäßig mit den Profis. Die U17 war als Aufsteiger gut in die Bundesligasaison gestartet, erlebt nun aber auch einen Lernprozess in der höchsten Spielklasse. Nach zehn Begegnungen hat die Mannschaft von Trainer Philip Hauck neun Zähler auf dem Konto, ist von 19 Teams Sechzehnter der Tabelle. Trotzdem die B-Junioren um den Klassenerhalt kämpfen, versuchen sie fußballerisch mitzuhalten statt sich nur hinten rein zu stellen. Im letzten Spiel am 20. November gegen den FC Energie Cottbus wurde nach 0:2-Rückstand ein 2:2 erkämpft, dieser Wille ist charakteristisch für die Einstellung der Jungs.
Erfreulich ist die Zwischenbilanz der U15 in der Regionalliga, der höchsten Klasse dieser Altersgruppe. Unter 24 Teams belegen die Auer mit 22 Punkten Position sieben, sie überzeugen mit geschlossener Mannschaftsleistung und guten Individualisten. Überregional erfolgreich ist auch die U13, die hinter RB Leipzig in der „Talentespielrunde Nordost” auf Rang zwei steht und sich dort mit den besten Altersgefährten aus ganz Mitteldeutschland, Thüringen, Berlin und Brandenburg messen darf. Die U14 und die U12 behaupten sich gegen weit ältere Spieler in der Landesliga beziehungsweise der Talenteliga Sachsen. Ebenso wie die U11, die im Erzgebirgskreis gegen 13-Jährige antritt. Heißt, die Jungs beim Gegner sind meist einen Kopf größer und körperlich im Vorteil. Entsprechend groß ist der Lerneffekt für die jungen Veilchen, selbst wenn sie nicht immer gewinnen.

Bilder: Foto-Atelier LORENZ Zschorlau
Text: Olaf Seifert