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Kapitän 1978 - 1981: Wolfgang Höll

Als Kapitän in stürmischer Oberligasee

Zu Wismut-Zeiten kamen die meisten Oberligaspieler noch aus der Heimatregion, viele aus Aue selber. So wie Wolfgang Höll, der hier am 13. November 1952 geboren wurde und das Fußball-ABC in der Jugend der BSG lernte. Zwischen 1975 und 1981 bestritt das Eigengewächs 130 Pflichtspiele für die Veilchen, davon 120 in der Oberliga. 1978 bis 1981 hatte er die Ehre, die Kapitänsbinde zu tragen.

Hier blockt Höll einen von Hans Richter getretenen Ball (Bezirksderby Aue gegen FC Karl-Marx-Stadt, 24.11.1979; 2:2). Foto: Frank Kruczynski

Als „Wolle” und seine Klassenkameraden nach dem letzten Schulklingeln den Fußball schnappten und auf die nächstbeste Wiese liefen, kamen die Vorbilder aus der eigenen Stadt. Klaus Thiele, die Wolfs oder den Kaiser-Manni kannte jedes Kind. Umso stolzer war der Auer Gung, selber im geliebten Verein bei seinen Idolen üben zu dürfen. Höll erinnert sich noch lebhaft an die Trainings unter Glaser-Sef, Johannes Löffler und vor allem Armin Günther, der das Junioren-Oberligateam betreute. Mit zwölf kam Wolfgang zum Verein, durchlief die Jugendmannschaften und schaffte es in die zweiten Vertretung der BSG Wismut. In Letzterer spielte Höll nach seiner Armeezeit, bis er im Sommer ’75 in den Oberligakader berufen wurde. „Es war eine besondere Ehre und ein großes Gefühl, vor den Punktspielen des von uns bewunderten Oberligakaders im Otto-Grotewohl- Stadion mit unserer Mannschaft spielen zu dürfen. Nicht auf dem Hartplatz hinten auf dem Gelände, sondern vor vielen Zuschauern, die uns anfeuern”, blickt er zurück.
In der Saison 1974/75 und in der Hinrunde 1975/76 bestritt Wolfgang für Aue II 32 Punktspiele in der DDR-Liga, der zweithöchsten Klasse in der DDR. Dabei erzielte der Verteidiger und Kapitän zwei Treffer. Zuvor war er gleich nach dem Abitur zur NVA eingezogen worden, hatte aber das Glück, bei der Armeemannschaft Vorwärts Löbau spielen zu dürfen. Dort übrigens eine Zeitlang mit seinem Auer Kollegen Frank Espig. Die Oberlausitzer spielten wie Aue II in der Liga-Staffel D, sodass beide Veilchen damals auch gegen ihren Heimatverein antraten.

Mit letztem Einsatz unterbindet „Wolle” Höll einen Angriff des BFC Dynamo und stoppt hier den Berliner Roland Jüngling. Szene aus dem Oberligapunktspiel vom 27. September 1980, bei dem es für die Veilchen allerdings nichts zu holen gab, denn der Hauptstadtklub gewann mit 5:0.

Neu im Oberligakader, musste sich Höll zu Beginn der Saison 1975/76 zunächst beweisen. Sein erstes Punktspiel in der höchsten Liga bestritt der damals 23-Jährige am 13. Dezember 1975. Trainer „Binges” Müller gab ihm die Chance gleich über die vollen 90 Minuten und am Ende freuten sich die Lila-Weißen über einen klaren 3:0-Heimerfolg im Bezirksderby gegen den FC Karl-Marx-Stadt. Und am Saisonende über einen überraschend starken sechsten Tabellenplatz. Insgesamt brachte es Höll in seinem ersten Spieljahr auf 13 Einsätze, war fast über die gesamte Rückrunde gesetzt. Nur im Heimspiel in Dresden und bei Chemie Leipzig fehlte er. Zudem konnte sich der Verteidiger auch in der sogenannten Toto-Sonderrunde des DFV im Mai und Juni 1976 gut in Szene setzen. Dabei erzielte der Neue in fünf Begegnungen zwei Tore, und zwar beim 2:1-Auswärtssieg gegen Motor Weimar und im Spiel gegen Vorwärts Plauen, das in Schneeberg ausgetragen wurde (2:0).

1. Dezember 1979: Im Oberliga-Bezirksderby zwischen Sachsenring Zwickau und Wismut Aue sichert Wolfgang Höll den Ball gegen Andreas Bielau. Am Ende trennen sich die Rivalen 0:0.

In den folgenden Jahren war Wolfgang Höll Stammspieler, 1978 übernahm er die Kapitänsbinde von Lothar Schmiedel. Meist ging es für die BSG um den Klassenerhalt in der stürmischen Oberliga. Umso mehr erregten Überraschungserfolge der Kumpelelf Aufsehen. In Erinnerung bleiben ihm vor allem die Bezirksderbys gegen Zwickau und den FCK sowie Siege, welche die „kleine BSG” gegen Spitzenklubs erkämpfte: „Einmal gelang uns ein 2:1-Sieg bei Dynamo Dresden. Den hatten uns die wenigsten zugetraut, entsprechend wurde er gefeiert. Aber auch nach Niederlagen bewährte sich die besondere Gemeinschaft im Spielerkollektiv und Verein.”
Gern erinnert sich „Wolle” an die gemeinsamen Abende im Sportlerheim mit den Familien, bei denen erst die Oberliga-Zusammenfassung im Fernsehen verfolgt und anschließend beim Abendessen diskutiert wurde. „Unvergessen bleiben ebenso die Winter-Trainingslager in Oberwiesenthal, bei denen wir mit Skilaufen und Eishockey Kondition für den Rest der Saison tankten. Nicht zuletzt wuchs dort der Zusammenhalt, genauso wie im Sommerurlaub an der Ostsee. Dabei war uns schon klar, dass wir mit solchen Ferienplätzen gegenüber den normalen Leuten im Land privilegiert waren.”

Vor Anpfiff der Oberligapartie gegen die BSG Stahl Riesa am 20. August 1983 wurde Wolfgang Höll vom aktiven Leistungssport verabschiedet. Blumen gab es auch von Trainer „Uli” Thomale (links). Seine Mitspieler bedankten sich auf ihre Weise: mit einem 3:1-Heimsieg.

Ab 1980 machten ihm hartnäckige Verletzungen zu schaffen, Kreuz- und Seitenbandrisse sowie später Meniskusprobleme. Sein letztes Spiel für Wismut bestritt Höll am 28. November 1981 beim FC Hansa Rostock (2:2), als er schon nach 14 Minuten verletzungsbedingt für Bernd Lippold ausgewechselt werden musste. Offiziell verabschiedet wurde der Wismut-Fußballer dann vorm Oberligapunktspiel gegen Stahl Riesa (3:1) am 20. August 1983.

Das Mannschaftsposter des Oberligakollektivs der BSG Wismut Aue in der Saison 1979/80. Foto: Burg

Parallel zur Fußballerkarriere hatte Höll studiert. So arbeitete er nach seiner Zeit als Leistungssportler als Diplomsportlehrer, zunächst in der Wilhelm-Pieck-Schule in Aue, der heutigen Zeller- Berg-Schule, nach dem Umzug nach Schönheide dann bis zur Pensionierung 2011 in Eibenstock. Seit sechs Jahren lebt er mit seiner Frau in Dresden. „Ich bin ein Familienmensch, wir wollten näher bei unserer Tochter wohnen. Mit unseren fünf Enkeln haben wir gut zu tun und weil wir gerne Rad fahren, bietet uns die Stadt an der Elbe viele Möglichkeiten. Wir fühlen uns sehr wohl im Un- Ruhestand.” Freilich verfolgt der frühere Wismut- Kapitän auch das Fußballgeschehen, speziell die Auftritte des FC Erzgebirge. „Alle Achtung, was Verein und Mannschaft über so viele Jahre geleistet haben! Im neuen Erzgebirgsstadion war ich noch nicht. Ich hoffe, dass bald wieder Zuschauer zu den Spielen dürfen, dann will ich auf jeden Fall auch mal wieder nach Aue fahren.”

Wolfgang Höll beim Fotoshooting in seinem Wohnort Dresden. Foto: FC Erzgebirge Aue / Ronny Graßer

Text: Olaf Seifert
NewsFoto: Foto-Atelier Lorenz