Porträt Sören Gonther: Wir müssen Punkte sammeln, bis die 40 voll ist
„Ohne meine Eltern hätte ich es im Fußball nicht weit gebracht, sie sind weite Wege gefahren, damit ich in Kassel trainieren konnte, haben mich stets unterstützt”, bedankt sich Sören Gonther, dessen Vater – Torwart beim Oberligisten VfB Schreckensbach – beizeiten vom Talent seines Jungen überzeugt war. Am 15. Dezember 1986 geboren, begann der Fünfjährige im Verein seines Heimatorts. In der D-Jugend wechselte „Gonni” zum ESV Jahn ins benachbarte Treysa und später zum KSV Hessen Kassel, wo er es ins B-Juniorenteam in die Regionalliga, damals die höchste Klasse, und in die Hessenauswahl schaffte. Im Lauf der Ausbildung war das Talent immer weiter nach hinten gerückt, vom Stürmer übers Mittelfeld zum Libero, eine Weile stand er sogar zwischen den Pfosten. Ein Angebot von Eintracht Frankfurt schlug Sören aus: „Meine Mutter wollte, dass ich erst das Abitur mache, deshalb wurde ich spät und nicht auf der klassischen Schiene Fußballprofi. Ich war dann drei Jahre beim KSV Baunatal, wo Trainer Bernd Lichte mich rasch in die Männermannschaft hochzog und eine große Aktie daran hat, dass ich 2007 von der vierten in die 2. Liga, zum SC Paderborn, wechselte.” Ab der Rückrunde 2008 Stammspieler, hat er ans damalige Gastspiel in Aue üble Erinnerungen, weil die Ostwestfalen 0:6 baden gingen. Wie die Veilchen stieg der SCP am Ende ab, jedoch umgehend wieder auf. Nach einer tollen Hinrunde zog sich der Verteidiger Anfang 2012 einen Kreuzbandriss zu, der seine Pläne von der Bundesliga durchkreuzte. „Geht eine Tür zu, geht eine andere auf. So kam ich im Sommer dank Trainer André Schubert zum FC St. Pauli, wo ich fünf wundervolle Jahre hatte und in den letzten drei Kapitän war. Der Verein, die Stadt, die Fans, mein Vertrag – alles toll. Vor allem aber sind meine Töchter Paula und Cleo dort geboren”, sagt „Gonni” und meint über die kommende Partie am Freitagabend in Aue: „Aus dem aktuellen Kader kenne ich noch zehn, zwölf Spieler. Ich denke, in dieser Saison ist das Team eine Wundertüte und schaffte es bisher nicht, seine Leistungen konstant abzurufen. Natürlich haben sie große Qualität, doch wir sind daheim ungeschlagen und werden meine ehemalige Mannschaft mit breiter Brust begrüßen.” Zumal Gonthers Bilanz als Pauli-Kicker gegen Aue schlecht ist: „Ich glaube, ich habe kein Spiel gegen die Erzgebirger gewonnen.”
Warum er 2017 nach Dresden ging? „Trainer Uwe Neuhaus setzte auf mich, meine sportliche Rolle dort reizte. Doch gleich nach Saisonbeginn verletzte ich mich erneut am Kreuzband, fiel elf Monate aus.” Zwar kämpfte sich der Abwehrroutinier zurück, hatte beim neuen Coach aber nicht mehr die besten Karten. „Ich wollte die Spielzeit, die ich verdiene, darum kam das Angebot aus Aue gerade recht. Es gab sehr gute Gespräche mit den Verantwortlichen beim FCE. Zudem kannte ich viele Spieler, mit denen ich oft die Klingen gekreuzt hatte, und wusste, dass im Erzgebirge eine Menge entstanden war.” Prompt hat Sören seine Rolle in der Mannschaft gefunden, lief bisher in fast allen Spielen auf, bleibt aber auf dem Teppich: „Ich will meinen Weg weitergehen und mithelfen, dass sich der Verein in der 2. Liga etabliert. Vornan steht der Klassenerhalt, wir müssen Punkte sammeln, bis die magische 40 voll ist. Umso schöner wird danach der Rest der Saison.”
Für „Gonni” übrigens gibt es außer dem Fußball noch mehr, das zählt: „Die meiste freie Zeit gehört der Familie. Paula, Cleo und Liam, unser Jüngster, sollen den Papa nicht nur aus dem Sportfernsehen kennen. Außerdem lese ich gern, am liebsten Biografien, und will 2020 mein BWL-Fernstudium erfolgreich abschließen.” Als gutes Omen sieht er, dass seine Frau Johanna und Vater Udo am Freitagabend im Stadion sind. „Für Mutter aber ist es besser, bei den Kindern zu bleiben. Sie wäre zu aufgeregt.”
Text: Olaf Seifert
Foto: Foto-Atelier LORENZ