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Skerdilaid Curri: „Die Fans verbinden mich mit dem Verein”

„Ich bin wieder im Spiel”, freut sich Skerdilaid Curri, seit drei Wochen sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums beim Halleschen FC. Eigentlich braucht der 42-Jährige den Job nicht, mit seinem mediterranen Restaurant „Rrush” im Herzen von Schwarzenberg und einigen Immobilienprojekten hat er mehr als genug zu tun. Doch wer „Skerdi” kennt, weiß, wie sehr der einstige Auer Publikumsliebling für Fußball brennt. Das Angebot vom HFC konnte er einfach nicht abschlagen.

Geboren am 6. Oktober 1975 in der albanischen Stadt Kavaja, drehte sich schon beim kleinen Jungen alles ums runde Leder. Auf der Straße, am Adriastrand, in Schulteams und schließlich beim Heimatverein Besa Kavaja jagte er ihm hinterher. „Im Sozialismus war der Sport bei uns gut organisiert, aber bis heute bin ich Fan des Straßenfußballs. Das Lernen fiel mir nicht schwer, doch ich habe die Schule wegen des Sports leider vernachlässigt. Eigentlich wollte ich Architekt werden, habe zum Beispiel im ,Rrush’ vieles selbst entworfen, manches selber gebaut. Da spätestens habe ich bedauert, als Jugendlicher zu wenig ins Buch geschaut, zu oft gekickt zu haben.”

Beim VFC Plauen hatte sich „Skerdi” in vier Jahren vom Unzufriedenen zum Publikumsliebling hochgekämpft. Das linke Bild zeigt ihn am 19. August 2002 beim 6:0-Kantersieg der Vogtländer gegen den SV Wacker 07 Gotha, rechts trägt ihn Sven Gemeiner nach dem 3:2-Derby-Erfolg gegen den Chemnitzer FC (30.10.2002) auf den Schultern. Die rechte Aufnahme stammt dann schon aus Curris Auer Zeit. Im Test am 21. Juli 2007 beim VFC Plauen kämpft er hier im Duell mit Faruk Hujdurovic. Fotos: Frank Kruczynski

Das glaubte „Skerdi” freilich nicht, als das Talent schon mit 17 in der ersten Liga für Kavaja stürmte und mit knapp 20 zum albanischen Top-Team Partizani Tirana wechselte, wo er die albanische Meisterschaft feierte. 1998 lud ihn Zweitbundesligist SpVgg Unterhaching zum Probetraining ein, der Durchbruch in Deutschland gelang freilich noch nicht. „Ich trainierte sehr hart, erlebte aber eine andere Mentalität und einen anderen Fußball. Die fremde Sprache war zunächst ziemliches Problem.” Bei seiner nächsten Station, dem Bayernligisten FC Starnberg, holte er auf, gewann Spielpraxis und Kontakt zu den Einheimischen. Beste Voraussetzungen, um es 1999 eine Klasse höher, beim VFC Plauen in der Regionalliga Nordost, zu probieren. Im Vogtland war Curri vier Jahre, erzielte in 94 Punktspielen 23 Treffer. Doch anfangs lief es nicht nach Plan, anders als die Veilchen schaffte der VFC 2000 nicht die Qualifikation für die neue Regionalliga und auch der kleine Albaner brauchte eine Weile, sich einzufuchsen. „Der ostdeutsche Fußball war ganz anders, viel aggressiver. Bei meiner Körpergröße und meinen technischen Qualitäten nicht ideal. Aber ich habe mich durchgebissen, viele Tore gemacht, viele vorbereitet, wurde Publikumsliebling”, erinnert er sich. Gerd Schädlich habe ihm später verraten, ihn eigentlich viel früher gewollt, aber mit Borislav Tomoski einen ähnlichen Typ auf der Position gehabt zu haben. „Aber ich hätt’ dich doch eher nehmen sollen...”, so der Aue-Trainer später zu Curri.

Skerdilaid und der fast 30 Zentimeter größere Adli Lachheb im Ostduell vom 30. September 2011 gegen den F. C. Hansa Rostock (1:0). Foto: Frank Kruczynski

Sein Wechsel zum Zweitligaaufsteiger FC Erzgebirge 2003 jedenfalls war sofort ein großer Wurf. Neben der in Tirana meine sportlich beste Zeit und der Durchbruch in Deutschland”, so das Fazit des Stürmers. Gleich im ersten Jahr bestritt er jedes Punktspiel, traf fünfmal ins Netz, war ein Garant für den Klassenerhalt, den kaum ein Fußballexperte den Veilchen zugetraut hatte. „Die Euphorie in der ersten Zweitligazeit war gewaltig. Das Heimspiel gegen Nürnberg war ausverkauft, wir schafften nach einem 1:3-Rückstand noch das 3:3 und ich machte mein erstes Tor in der 2. Liga. Ich weiß noch genau, wie wir in Karlsruhe vier Tore in vierzehn Minuten schafften. Später, wieder beim KSC, erzielte ich das Tor des Monats bei unserem 1:0-Sieg. Oder gegen Rot-Weiß Oberhausen, da gelang mir der erste Doppelpack, obendrein mit einem tollen Freistoßtor.”

Doch Skerdilaid musste sich nach schweren Verletzungen immer wieder zurückkämpfen. Auch deshalb kürten ihn die Veilchen-Fans dreimal als Aue-Spieler der Saison. Ihnen bleibt er dankbar: „Die Fans sind Teil meines Lebens, nur sie verbinden mich heute mit dem Verein. So lange ich lebe, vergesse ich sie nicht.” Bitter war der Abstieg 2008: „Wir hatten viel Pech und es hat insgesamt nicht gepasst. Es war vielleicht der beste Auer Kader, bloß wir waren kein Team. Wir waren zu ,schön’.” Warum er, zusammen mit Tomasz Kos und Thomas Paulus, trotzdem in Aue blieb? „Ich war nicht mehr ganz jung, hatte aber ein gutes Angebot aus Oberhausen. Doch ich fühlte damals eine starke Bindung zu dem Verein, wollte mit der Familie nicht wegziehen. Im ersten Drittligajahr lief es nur mäßig, aber ich dachte, lieber Gott, wenn wir jetzt die Klasse halten, steigen wir nächstes Jahr auf.” Der Wunsch wurde erhört, 2010 glückte die Rückkehr in Liga zwei. Das erste Jahr lief optimal, „Skerdi” bestritt 30 Ligaspiele und die Mannschaft kratzte sogar an oberen Rängen. Umso weniger verstehe er, warum er in der Folgesaison weniger gefragt war: „Ich fühlte mich in Topform, habe viel und härte denn je gearbeitet. Ich war wohl nur wichtig, wenn die Trainer Not hatten. Weil ich mental nicht frei war und viel Stress hatte, konnte ich meine Leistung kaum abrufen.”

Nach jener Saison endete 2012 „Skerdis” Profilaufbahn, die Töppen an den Nagel hängte er trotzdem nie. 2012/13 trainierte Curri noch die Auer U 23, die jedoch wenig später aufgelöst wurde. Mit seiner Frau Majlinda eröffnete der Ex-Profi vor sechs Jahren ein mediterranes Restaurant in Schwarzenberg, dessen Name „Rrush” steht für Weintraube. Hier beschäftigen die Curris bis zu zehn Mitarbeiter. Nebenher trainierte der Ex-Auer die Spielgemeinschaft Thum/Herold, ehe er jetzt nach Halle ging kickte er an den Wochenenden selber noch im bayerischen Poppenreuth. Zum Spaß, für die Fitness. Trotz knapper Zeit bleibt ihm die Familie heilig. Seine Kinder kennen viele Fans noch, als diese mit dem Papa nach Veilchen-Siegen auf dem Spielfeld jubelten. Inzwischen gehen sie ihren Weg. Tochter Ersila ist achtzehn und beginnt ein Jurastudium in Jena, Sohn Ceessyen Cesare ist elf, Computerfreak und Stürmer beim FSV Blau-Weiß Schwarzenberg. Kraft gibt dem kleinen, großen Fußballer Gott: „Ich respektiere jeden Glauben, achte alle Religionen. Dankbar bin ich, eine gesunde, intakte Familie zu haben.” Ein Hobby leistet er sich übrigens, besser gesagt drei: zwei Mercedes- und einen BMW-Oldtimer.

Am 6. Mai 2012, nach einem 2:1 Sieg gegen den VfL Bochum, verabschiedete sich Skerdi dankbar und regennass von den Fans. Foto: Frank Kruczynski

Zwei- bis dreimal im Jahr fuhr Curri bisher runter nach Albanien. „Das wird bei meiner neuen Aufgabe in Halle nicht mehr oft klappen”, meint er, was die Freude auf den Job nicht schmälert. „Mich reizt die Herausforderung, der HFC plant den Bau eines modernen Leistungszentrums und ich freue mich, daran mitzuarbeiten. Schwerpunkte dort sind für mich die U 16, U 17 und U 19.” In Schwarzenberg weiterführen wolle er aber auf jeden Fall einmal pro Woche das Fußballtraining für Schüler mit Lernschwierigkeiten. „Das bleibt mir eine Herzenssache, ebenso wie die Unterstützung der Kinderkrebshilfe und von Bedürftigen in Albanien.” Und er vergisst natürlich auch einen Wunsch an die Aue-Fans nicht: „Alles Gute in der neuen Saison! Ich hoffe, dass Ihr nicht mehr so leiden müsst wie in diesem Frühjahr. Haltet die Klasse, aber bitte ohne Relegation!” Olaf Seifert