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Vorgestellt: Wismut-Stürmer Olaf Distelmeier: „Hinter dem Berg begann das Zittern”

„Ich durfte bei Wismut mit großen Spielern gegen große Spieler auflaufen. Aue werde ich niemals vergessen, die Zeit dort war meine beste als Fußballer.” Das sagt Olaf Distelmeier, der zwischen 1981 und 1984 für die Veilchen 31 Oberligaspiele bestritt und dabei sechs Tore schoss. Zu Hause in Pöllwitz bei Zeulenroda in Thüringen drückt er dem FC Erzgebirge weiter die Daumen.

Geboren wurde Olaf Distelmeier am 1. März 1958 in Zeulenroda. „Mein Vater kickte in der Freizeit selber, das hat sicher abgefärbt. Ich passte mit sechs, sieben Jahren bei den größeren Jungs auf und wartete, bis einer ausgefallen war oder keine Lust mehr hatte. Erst dann durfte ich mitspielen. Es war auch ein älterer Junge, der mich zur BSG Motor Zeulenroda mitnahm. Ich war meist der Kleinste und Jüngste, darum wurde ich in den Sturm beordert”, erinnert sich Olaf, der freilich erst mit neun Jahren beim Verein seiner Heimatstadt richtig zu trainieren begann. Der Blondschopf durchlief alle Nachwuchsklassen, ehe er 1974 nach Leuna zog, um dort Instandhaltungsmechaniker zu lernen. Parallel war er bei der BSG Chemie Leuna am Ball, wo ihm in der Bezirksklasse Halle der Schritt in den Männerbereich gelang. Die Erwartungen in den Wechsel zum DDR-Ligisten Stahl Thale erfüllten sich nicht, er fand schwer ins Team. Also kehrte Olaf 1977 zur BSG Motor Zeulenroda zurück. 1980 zog es „Distel”, wie ihn alle riefen, zur BSG Wismut Gera. Beim DDR-Ligisten bestritt er in jener Saison 22 Punktspiele, war mit 16 Saisontreffern Torschützenkönig der Staffel E. Das Interesse des FC Carl Zeiss Jena, aber auch von Aues Trainer Hans-Ulrich Thomale war geweckt und so führte der Weg des jungen Angreifers im Sommer 1981 ins Lößnitztal.

Im Beitrag auf den folgenden Seiten erinnert sich Olaf Distelmeier lebhaft an seine Zeit bei der BSG Wismut Aue. „Es war der richtige Schritt. Ich wurde im Verein super aufgenommen. Cliquen gab es hier nicht und die Erfahrenen halfen uns Jüngeren, der Zusammenhalt war ungewöhnlich stark. Von Harald Mothes, mit dem ich während der Trainingslager das Zimmer teilte, oder Holger Erler lernte ich viel, dabei waren sie stets gute Kollegen”, erinnert sich „Distel”. So fällt ihm eine Beobachtung ein aus seinem ersten Oberligaspiel gegen Chemie Buna Schkopau: „Der Gegner bekam einen Freistoß und ein junger Schkopauer wollte diesen treten, als ein Routinier ihn zurechtwies: ,Hau ab, du Rucksack. Freistöße schieß’ ich hier!’ In Aue wäre das undenkbar gewesen.” Beispiel für den kollegialen Umgang hier ist das Zustandekommen von Distelmeiers zweitem Oberligator, welches er gegen den HFC Chemie schoss: „Holger Erler sagte mir damals, das Spiel läuft so: Du kommst mir entgegen, ich spiele dich an, du lässt den Ball prallen, gehst im Rücken vom Gegner steil und ich hebe dir den Ball in den Lauf. Genauso ist dann das Tor zum 4:1 gefallen.” Vorgelebt wurde dieser Geist von den Trainern, von „Uli” Thomale und seinem Assistenten Konrad Schaller. „Thomale war unheimlich engagiert, er konnte mit den alten Hasen ebenso gut wie mit jungen Spielern. Aber er hat immer Leistung und Biss verlangt, vor allem in den Heimspielen. Nie vergesse ich seinen Satz ,Hinter dem Berg beginnt das Zittern!’ Eine Kampfansage an jeden Gegner.” Vor allem die Sachsenderbys bleiben im Kopf; gegen Karl-Marx-Stadt, Zwickau oder Dynamo Dresden war die Bude immer voll. Tore gegen solche Gegner sind Sternstunden in „Distels” Fußballerzeit.

Gerade war er Stammspieler geworden, als er bei einem Zusammenprall mit Erfurts Torwart Benkert einen Kreuzbandriss erlitt. So stand er der Mannschaft nicht zur Verfügung und musste im November 1982 zur Armee. „Ich wurde nicht mal gemustert, bin auf Krücken zur ,Asche’. Später begann ich bei Vorwärts Wolfen wieder mit dem Fußballspielen”, blickt der Ex-Auer zurück, der im Frühjahr ’83 zu Wismut zurückkam und im Mai noch die letzten drei Oberligapartien absolvierte. Im Sommer folgten ganz besondere Höhepunkte: sechs IFC-Spiele, in denen Olaf zweimal traf. Die anschließende Oberligasaison aber lief nicht nach Plan: „Ich wollte wieder angreifen, doch das Knie muckerte und irgendwie spürte ich, es würde nicht reichen.” Distelmeier ging deshalb im Herbst 1984 zurück zu Wismut Gera. „Uli” Thomale fragte beim Abschied, ob er sicher sei, dass es der richtige Schritt wäre, und Distelmeier sagte ja. „Ein Riesenfehler, weiß ich heute, trotzdem bleibt die Zeit in Aue meine schönste”, meint der Thüringer. „Ich komme jetzt maximal einmal pro Saison zu einem Spiel nach Aue. Weil es mir zu nahe geht, wieder dort zu sein. Wenn das Steigerlied erklingt, dann geht mir das so was von an die Nieren. Da schiebt es die Tränen wieder rauf.”

Distelmeier spielte nach 1984 weiter, in Gera und später in Zeulenroda. Dort sowie in Schleiz und Pößneck war Olaf Trainer. Zwei Söhne hat er, die in der Jugend Fußball spielten, und eine Tochter. Die Familie lebt in Pöllwitz, einem Stadtteil von Zeulenroda, wo der Diplomingenieur in einem mittelständischen Betrieb arbeitet. Weil sich das Knie noch immer mal meldet, hat er die Töppen an den Nagel gehängt, doch Radfahren, Skilaufen im Winter und wenn’s zeitlich klappt etwas Eishockey machen ihm weiter Freude. Genauso wie – hoffentlich bald wieder – die Siege seines FC Erzgebirge Aue in Bundesliga zwei.

Text: Olaf Seifert
Fotos: Frank Kruczynski