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Legende mit Stammplatz-Garantie

Das Herz des erfolgreichen Skisprung-Trainers schlägt seit 1953 für Aue

Im Fußball wäre er ein Superstar. Im obersten Regal auf Augenhöhe mit Pep Guardiola, Jürgen Klopp oder Jogi Löw. Weil Joachim Winterlich aber Skisprungtrainer mit Weltruhm ist und war, kann der 82-Jährige nebst Tochter Tilla beinahe unerkannt die Heimspiele des FC Erzgebirge Aue besuchen. Der einstige Coach von Jens Weißflog hat seit 1953 engste Verbindungen zu Wismut Aue und erlebte am Sonntag die bittere Heimniederlage gegen Bielefeld hautnah im Stadion mit.

 

Um ein Haar wäre aus dem jungen Sportler Joachim Winterlich sogar ein Fußballer mit Ambition geworden. Damals war die Mannschaft aus Aue regelmäßig im Hotel Aktivist in Oberwiesenthal zu Gast. Wie auch die Nordischen Kombinierer mit Joachim Winterlich. Und weil die Wintersportler auch gern mal gegen den Ball traten in ihren Trainingseinheiten als willkommene Abwechslung, hatte der spätere Skisprungtrainer durchaus Talent. „Wir haben mal mit dem Fußballteam aus Aue trainiert, durften mitspielen bei Koryphäen wie Ernst Einsiedel und Co. Der damalige Wismut-Trainer sah etwas in mir“, erinnert sich Joachim Winterlich. Es folgte ein Gesprächs-Termin beim damaligen Geschäftsführer Kurt Steinbach, eine Fußballkarriere auf professioneller Ebene kam aber nicht zustande. „Ich hatte damals das Sportstudium in Leipzig begonnen. Beides war nicht zu vereinbaren und mir deshalb zu wacklig“, schaut der Oberwiesenthaler zurück. Dort an der Uni drückte Joachim Winterlich einige Jahre die Schulbank an der Seite von Gerd Schädlich, dem späteren Aufstiegstrainer des FC Erzgebirge Aue.

 

Im Nachhinein die richtige Entscheidung, denn auf seinem weiteren beruflichen Weg schaffte er es bis an die absolute Spitze und erlangte tatsächlich Weltruhm. Als Skisprungtrainer gewann er beinahe alles und formte Olympiasieger, Weltmeister, Sieger der Vierschanzentournee und Weltcupsieger sowieso. Jens Weißflog und Ulf Findeisen gehörten zu seinen Schützlingen, auch der Italiener Roberto Cecon, die Schweizer um Andreas Küttel und zuletzt der Bulgare Vladimir Zografski. Ganz „nebenbei“ hatte Joachim Winterlich auch maßgeblichen Anteil daran, dass die Anlaufspuren auf den Schanzen dieser Welt inzwischen aus Keramik bestehen dürfen und somit witterungsunabhängig sind. Ein Pionier also, der den Skisprung maßgeblich geprägt hat wie nur wenige andere.

 

Sein Faible für den Nordischen Skisport schlug sich auch in der eigenen Familie nieder. Tilla heißt die Tochter von Joachim Winterlich, sie betreibt eine Physiotherapie-Praxis in in der Nähe von Frankfurt am Main und erwarb als Sponsor des FC Erzgebirge Aue VIP-Karten auch für die Saison 2024/25. Sie ist trotz der Entfernung samt Vater Dauergast im Stadion. „Ihren Namen habe ich aus Skandinavien mitgebracht. Aus Finnland oder Norwegen“, schmunzelt der weitgereiste Joachim Winterlich und gräbt noch eine weitere Story aus. Mit dem damaligen Wismut-Kapitän und -Trainer Bringfried „Binges“ Müller verband ihn eine enge Freundschaft, beide waren Stammgast in der Chemnitzer „Hofbar“. Wesentlich später, nämlich 1988, durfte Joachim Winterlich mit Olympiasiegerin Kati Witt den Eröffnungstanz beim Abschlussball in Calgary absolvieren. Als Trost für das unbefriedigende Abschneiden seiner Schützlinge bei den Spielen in Übersee. Jutta Müller, die berühmte Eiskunstlauftrainerin und Frau von „Binges“, hatte an der Partnerwahl ihres umjubelten Gold-Schützlings vermutlich eine gehörige Aktie.

 

Joachim Winterlich aus Beierfeld kennt sich als Sportler und Trainer also bestens aus mit Sieg und Niederlage. Deshalb hat er im Erzgebirgsstadion auch einen sehr differenzierten, ganz eigenen Blick auf das Geschehen. Der treue Wismut-Fan hat seine Sympathie für den Fußball in Aue noch nie an Erfolgen festgemacht. Davon gab es nämlich einige in den vergangenen 70 Jahren seit 1953, seinem ersten Besuch im Stadion an der Seite des großen Bruders.