Rückblick: Veilchen seifen Bochum ein
Die Fenster sind geschmückt, es riecht nach Räucherkerzchen und der Glühwein und Stollen schmeckt - es fehlt einzig die weiße Pracht vom Himmel. Da im Lößnitztal noch kein Schnee liegt, fällt dieser im Rückblick auf die Partie der Veilchen gegen den VfL Bochum aus dem Jahr 2012. Das 11. Türchen des FCE-Adventskalenders.
Vorsicht Schneegestöber
Winterreifen sollte jeder von Oktober bis Ostern aufziehen und gerade im Erzgebirge halten sich alle besser daran. Auf Glatteis und Neuschnee rutschen einige gerne mal aus und die fußballerische Form des Blitzeises erlebte der VfL Bochum schmerzhaft im Oktober 2012. Dabei konnte vor der Partie niemand ahnen, in welche Richtung es gehen würde. Der FC Erzgebirge Aue war unter Trainer Karsten Baumann schleppend in die neue Saison gestartet. Nur zwei Siege gab es in den ersten zehn Spielen zu feiern, die beiden Ostduelle gegen Cottbus und Dresden hatte man verloren und in der Offensive klemmte es gewaltig. Ähnlich ging es den damaligen Gästen aus dem Ruhrgebiet, die vor dem Treffen mit Aue gegen die Spitzenmannschaften aus Braunschweig und von der Berliner Hertha verloren hatten und ebenfalls im Tabellenkeller hängten. Bei beiden Mannschaften klemmte es kräftig in der Offensive und so konnten selbst die größten Optimisten vor dem Anpfiff nur auf eine Abwehrschlacht hoffen. Aber dann kam der Schnee.
Gleich mehrere Zentimeter Neuschnee kamen vor dem Anpfiff herunter und hüllten das ganze Lößnitztal weiß ein. Kasten Baumann vertraute seiner Abwehr und schickte gleich sechs hartgesottene Abräumer auf den Platz. Vor dem ewigen Martin Männel stellten Rene Klingbeil, Tobias Nickenig, Thomas Paulus und Kevin Schlitte die Viererkette und auf der Doppelsechs stellten sich Nicolas Höfler und Marc Hensel den Bochumern in den Weg. Ohne blaue Flecken kam damals kein Stürmer vor das Auer Tor. Keine vier Minuten waren im Auer Schneegestöber gespielt, da räumte Tobias Nickenig VfL-Stürmer Zlatko Dedic das erste Mal von den Beinen, der clever einhakte. Ein bisschen ungestüm, aber leider im Strafraum, Schiedsrichter Norbert Grudzinski entschied auf Strafstoß für Bochum. Vielleicht wäre die Partie an dieser Stelle früh in eine andere Richtung gekippt, aber Dedic entschied sich, als Gefoulter selbst anzutreten und knallte den Ball nur an den Pfosten. Martin Männel entschärfte im Nachgang noch den Abpraller und es folgten die wahrscheinlich furiosesten drei Minuten und drei Sekunden in der Auer Zweitliga-Historie.
Der VfL hatte die verpasste Führung kaum verdaut, da schlug Aue zu. Jan Hochscheidt flankte in den Strafraum und auf dem seifigen und glatten Boden rutschte der Ball durch bis zu Fabian Müller. Der Flügelläufer stocherte den Ball an Luthe, Chaftar und Sinkiewicz vorbei über die Linie und brachte Aue in Führung. Keine zwei Minuten später folgte die Wiederholung. Wieder flankte Hochscheidt den Ball in den Strafraum und diesmal hielt Ronny König seinen Fuß in die halbhohe Hereingabe. Luthe im Bochumer Kasten konnte die Kugel nur noch aus dem Netz fischen und keine Minute später lag der Ball wieder im Netz. Diesmal war es Jan Hochscheidt höchst persönlich, der von König bedient den Ball an Luthe vorbei legte, der herauskam und mit Hochscheidt zusammen rauschte. Das Spielgerät rollte über die Linie und nach zehn Minuten stand es 3:0.
Für den VfL kam es immer bitterer. Keeper Luthe hatte sich bei dem Zusammenprall schwer verletzt und musste ausgewechselt werden. Die Bochumer, die in ihren Reihen die späteren Nationalspieler Christoph Kramer und Leon Goretzka hatten, bekamen kaum einen sicheren Fuß auf den rutschigen Auer Boden. Jakub Sylvestr und Rene Klingbeil verpassten jeweils knapp das vierte Tor und erst Mitte des ersten Durchganges konnten die Elf aus dem Ruhrgebiet die Partie einigermaßen beruhigen. Bei fortwährendem Schneefall kämpften die Akteuere weiter und verbissen zwischen den Strafräumen, aber echte Torraumszenen gab es nicht. Erst eine Flanke von Jan Hochscheidt sorgte wieder für Gefahr. Den anschließenden Kopfball setzte Sylvestr aber neben das Tor, in dem nach Luthes Auswechslung Philipp Heerwagen stand.
Der unaufhaltbare Jan Hochscheidt
Egal, was sich die Bochumer beim Pausentee in der Kabine vorgenommen hatten, gegen Jan Hochscheidt fand der VfL an diesem Nachmittag kein Mittel. Nur wenige Sekunden waren nach dem Wiederanpfiff gespielt, da schnappte sich der Offensivspieler der Veilchen den Ball und knallte das Ding humorlos und trocken aus fast zwanzig Metern flach ins untere Eck. 4:0 und keine drei Minuten später flankte Hochscheidt wieder in den Strafraum und am kurzen Pfosten gewann Ronny König sein Kopfballduell und nickte ein zum fünften. Drei Torvorlagen und zwei Treffer - es war die Sternstunde von Jan Hochscheidt im Dress der Veilchen. In keinem anderen seiner fast 300 Spiele für die Lila-Weißen erzielte er so viele Scorer.
Bochum wurde von den Auern eingeseift. Nach einer Stunde machten die Veilchen das halbe Dutzend voll. Diesmal konnte Sylvestr im Strafraum nur durch Halten gestoppt werden. Wieder pfiff der Schiedsrichter Elfmeter und Thomas Paulus trat pflichtbewusst an. Der Abwehrspieler behielt die Nerven und auch wenn Heerwagen die richtige Ecke ahnte, konnte er den Einschlag im linken unteren Eck nicht mehr verhindern. 6:0 - knapp ein Jahr nachdem die Veilchen an der Castroper Straße eine ähnlich hohe Niederlage kassiert hatten, gab es jetzt im Lößnitztal die Revanche. Dabei hatten sich die Bochumer bis zum Schluss ehrenwert verkauft und auch mit dem immer höher werdenden Rückstand nicht aufgegeben. In der Nachspielzeit gelang den Gästen immerhin die Ergebniskosmetik. Nach einer Flanke und dem Kopfball von Tasaka beförderte Paulus den Ball unglücklich ins eigene Tor und sorgte damit für den 6:1-Endstand. Ein Sieg, den manche Fans oberkörperfrei auf den Fangzäunen feierten. Die Veilchen machten einen großen Schritt aus dem Tabellenkeller, aber gezittert wurde im Erzgebirge bis in den Sommer. Erst am letzten Spieltag in Sandhausen konnten die Auer den Klassenerhalt sichern - der Torschütze damals natürlich Jan Hochscheidt.
Glück Auf!