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„Das war damals ein wirklicher Kumpelverein” Wismut-Spieler Steffen Lorenz feiert am 29. Mai 60. Geburtstag

„Ich musste mir den Platz im Wismut-Kader erkämpfen, ragte nicht heraus, aber gehörte dazu. Heute bin ich dankbar für die großartige Zeit im Auer Oberliga-Kollektiv und die Menschen, die ich dort kennengelernt habe”, sagt Steffen Lorenz am Telefon. Mit seiner Frau Manuela lebt er in Oberösterreich, in Waldkirchen am Wesen nahe der Donau. Verbindung in die alte Heimat halten beide trotz der räumlichen Distanz. „Ich bin zwei-, dreimal im Monat bei meiner Mutter und meinen Kindern in Sachsen. Besonders auch wegen Enkelin Emma in Leipzig und Enkel Felix in Zwickau”, verrät der frischgebackene Opa. Der einstige Wismut-Fußballer freute sich, als Ronny Graßer vom FCE und Veilchenecho-Redakteur Olaf Seifert Kontakt zu ihm aufnahmen. Ein runder Grund dafür steht bevor: Am 29. Mai begeht „Stef” den 60. Geburtstag.

„Das Match gegen Dnjepr Dnjepropetrowsk vergess’ ich nie, zumal mir dort in der Ukraine ein Tor für Aue gelang”

Der Name Steffen Lorenz ist vielleicht auch älteren Aue-Fans nicht mehr so vertraut wie die von Harald Mothes, Jürgen Escher, Volker Schmidt, Holger Erler oder „Flocke” Weißflog. Doch immerhin bestritt der Abwehr- und Mittelfeldspieler 56 Oberligapartien zwischen 1984 und Dezember 1989, schoss dabei vier Tore. Hinzu kommen Einsätze im FDBG-Pokal und – für ihn die Highlights – im Uefa-Pokal und Intertoto-Cup. Alles in allem kommt er auf 81 Pflichtspiele im lila-weißen Dress, in denen er sechs Treffer erzielte. „Das Match gegen Dnjepr Dnjepropetrowsk vergess’ ich nie, zumal mir dort in der Ukraine ein Tor für Aue gelang”, blickt der noch 59-Jährige im Telefongespräch zurück.

Geboren und aufgewachsen ist Steffen in Zwickau. „Mein Vater war sportlich, spielte aber nie aktiv Fußball. Doch unterstützten mich die Eltern immer, seit ich als Siebenjähriger bei der BSG Sachsenring zu trainieren begann und mich dann step by step im Nachwuchs entwickelte”, erzählt er und erinnert sich natürlich an sein erstes Oberligaspiel: „Ich war 18 und wahnsinnig aufgeregt, als Trainer Gerald Kunstmann mir nach dem Training kurz „Morgen spielst du!” zurief. Und ratet, gegen wen? Wismut Aue! Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich glaube, Zwickau gewann damals.” Die Eltern spürten wohl beizeiten, wo der Weg des Jungen hinführen könnte: „Zur Jugendweihe schenkten sie mir ein Trikot, wo ,Dem künftigen Oberligaspieler’ draufstand.” Zwei seiner Jugendtrainer, Jürgen Croy und Manfred Kupferschmied, hebt er hervor. Steffen, der Werkzeugmacher im Sachsenringwerk lernte, schaffte den Sprung in die höchste Klasse, absolvierte 36 Punktspiele zwischen 1981 und 1984 für die Trabantstädter.

Den Wechsel nach Aue vermittelte der Vater seiner damaligen Frau. Zwickau hatte die Rückkehr in die Oberliga verpasst und Steffen griff zu, als sich ihm die Möglichkeit bot, bei Wismut in der höchsten Klasse zu spielen. In der Saison 1984/85, unter Trainer Hans-Ulrich Thomale, kam der 21-Jährige auf vierzehn Oberliga-Einsätze. Verletzungen setzten dem meist im Mittelfeld eingesetzten Neuling zu. Auch im Folgejahr kam er unter Harald Fischer und Konrad Schaller zunächst wenig zum Zug, ehe Hans Speth ihm in der Rückrunde konstant vertraute. Ende 1986 wurde Lorenz für anderthalb Jahre zur Armee gezogen, doch zusammen mit Wismut-Kollege Andreas „Locke” Langer durfte er während dieser Zeit bei Motor Bautzen in der Dresdner Bezirksliga aufl aufen. Nach Rückkehr in die Wismut-Mannschaft im Frühjahr 1987 musste er sich seinen Platz im Kader zurückerkämpfen und vor allem 1988/89 überzeugte er mit siebzehn Einsätzen in der Oberliga und vier im FDGB-Pokal.

„Zusammenhalt habe ich nirgends so erlebt wie in Aue. Nach jedem Heimspiel saßen wir mit den Familien noch längere Zeit in der Stadiongaststätte, undenkbar, dass Spieler aus der Kabine direkt nach Hause gegangen wären."

In der Erinnerung geblieben sind seine sechs Tore, namentlich das erwähnte in Dnjepropetrowsk oder ein satter Freistoßhammer gegen Energie Cottbus. Mehr als Spiele und Treffer blieb das Menschliche präsent: „Zusammenhalt habe ich nirgends so erlebt wie in Aue. Nach jedem Heimspiel saßen wir mit den Familien noch längere Zeit in der Stadiongaststätte, undenkbar, dass Spieler aus der Kabine direkt nach Hause gegangen wären.

Natürlich gab es engere Freundschaften, so war ich mit Steffen Krauß, Ronald Balck und Heiko Münch, mit dem ich eine Fahrgemeinschaft bildete, besonders gut dran. Das waren aber keine Grüppchen; im Training und auf dem Platz zählte das Team. Auch Führungsspieler wie Harald Mothes oder Jörg Weißflog hoben nicht ab. Das war damals ein wirklicher Kumpelverein.” Ende 1989 legte ihm der Verein den Wechsel zur Geraer Wismut-Mannschaft nahe. Sicher nicht angenehm, doch als Sportler akzeptierte er die Entscheidung und hängte sich bei den Thüringern rein. Bis Ende 1991 bestritt Steffen noch insgesamt 32 Partien für den DDR-Ligisten. Wichtiger als Fußball war für die meisten Leistungssportler in der Wendezeit freilich die berufliche Zukunft. So arbeitete der Westsachse in Baden-Württemberg, kickte dort nebenbei für einen Landesligisten. Kurze Zeit spielte Steffen für den VFC Plauen und in Zwickau-Eckersbach, dann sattelte er zum Physiotherapeuten um. Mit seiner zweiten Frau Manuela arbeitete Lorenz etliche Jahre in diesem Beruf auf der Nordseeinsel Borkum, ehe das Paar 2013 nach Waldkirchen am Wesen zog, wo Steffen in der Industrie tätig ist. „Die Gegend gefällt uns gut, der Ort liegt in Oberösterreich, auf halber Strecke zwischen Passau und Linz. Da kann man am Fluss entlang herrlich Radfahren und die Alpenseen sind nicht weit weg. Trotzdem, sobald wir in Pension sind wollen wir heim nach Sachsen, zurück zur Familie.”

Das neue Erzgebirgsstadion möchte er freilich früher besuchen: „Ich kenne es nur aus dem Fernsehen, denn ich schaue dort natürlich die Spiele der Auer und überhaupt der ostdeutschen Vereine an. Da ich oft bei Mutter in Zwickau bin, will ich in der neuen Saison einen Besuch dort unbedingt mit einem Stadionbesuch im Lößnitztal verbinden.”

 

Text: Olaf Seifert